Tyll

Roman

Der grosse Durchbruch gelang Daniel Kehlmann 2005 mit dem Roman „Die Vermessung der Welt“, der die mit fiktiven Elementen angereicherten Lebensläufe des Naturforschers Alexander von Humboldt und des Mathematikers Carl Friedrich Gauss verknüpft, nicht zu einer wissenschaftlich stichfesten Biographie, aber zu einem der „brillantesten Romane der Wissenschaftsgeschichte“, wie der „Standard“ 2005 schrieb. 

Sein letzter Roman „Tyll“ (2017) treibt ebenfalls ein entfesseltes Spiel zwischen Wirklichkeit und Fiktion, mit der erfundenen Lebensgeschichte von Till Eulenspiegel. Es ist ein fabulöser Schelmenroman um den legendären Gaukler, der im 14. Jahrhundert als umherziehender Schalk auf den Marktplätzen seine Streiche spielte. Er trug zwar eine Narrenkappe, war aber überlegen durch seinen geistreichen Scharfsinn. Eule und Spiegel: die Doppelung des Namens und die legendäre Doppelidentität (die Eule ist ein Symbol der Weisheit und des Teufels) macht sich Daniel Kehlmann für seinen furiosen Roman geschickt zunutze. Er positioniert ihn in der historischen Kulisse des Dreissigjährigen Kriegs, also 200 Jahre nach der angeblichen Lebenszeit Till Eulenspiegels und hebt ihn damit aus der Zeit: ein erzählerischer Freipass, um über das Wesen der Macht, der Dummheit, des Kriegs, der Grausamkeit und des Chaos zu reflektieren.

Daniel Kehlmann: Tyll. Roman. Rowohlt 2017

29. November 2021 - abgesagt

Daniel Kehlmann

Der in N.Y. und Berlin lebende österreichische Schriftsteller Daniel Kehlmann wurde mit dem Roman „Die Vermessung der Welt“ (2005) zum Star der deutschen Literatur, - und nicht nur dieser. Das Buch verkaufte sich allein im deutschsprachigen Raum 2.3 Millionen Mal. Auf der Liste der international bestverkauften Bücher des Jahres 2006, die die „New York Times“ im April 2007 publizierte, kam der Roman auf Platz zwei. Sein Erzählprinzip verriet er im Essay „Wo ist Carlos Montufar“: Es ist die Erfindung neuer Wirklichkeiten aus dem Wunsch heraus, das unzulängliche normale Leben zu korrigieren. 

Daniel Kehlmann wurde 1975 in München als Sohn des Regisseurs Michael Kehlmann und der Schauspielerin Dagmar Mettler geboren. Er wuchs in einem grossbürgerlichen Künstlermilieu auf. 1981 zog die Familie nach Wien, woher die väterliche Verwandtschaft stammte. Sie war durch den Holocaust nahezu ausgelöscht worden. Daniel Kehlmann besuchte die Jesuitenschule (Kollegium Kalksburg) und studierte 1993 bis 1999 Philosophie und Germanistik an der Universität Wien. Seine Dissertation über „Kants Begriff des Erhabenen“ gab er zugunsten seiner schriftstellerischen Tätigkeit auf.

 
 
 

Wird unterstützt von Dr. Corinna Toepel-Sievers.